Der Brooks Defyance kann irgendwo zwischen Neutral- und Stabilschuh eingeordnet werden. Meine persönlichen Erfahrungen mit den Schuhkategorien sind begrenzt, es sei mir daher verziehen, wenn diese Einordung nicht ganz stimmt. Der Schuh hat nicht so viel Dämpfung ("Kissen-Effekt") aber einen recht ausgeprägten Pronationsschutz.
Aber von Anfang...
Es begab sich aber zu der Zeit, daß der Trend zum Zweitschuh ging. Ich plante meinen ersten Marathon und dementsprechend mußten mehr Kilometer gelaufen und die Füße stärker belastet werden. Brav dem Rat der einschlägigen Fachliteratur folgend fand ich mich also im Bladerunner Shop in Hannover ein, um vom kompetenen Fachverkäufer den perfekten Schuh angeboten zu bekommen.
Ich kam mit einer soliden Tasche voller Vorurteilen: Ich hasse "Sofas" wie die Pest. Daher schieden tendenziell Asics-Schuhe für mich von vornherein aus. Adidas fand ich tendenziell zu eng geschnitten...
Mein Haupt-Laufschuh (und mein einziges Paar) für ein halbes Jahr war der Mizuno Ronin 4 gewesen. Dieser sehr leichte Schuh, der zwischen Lightweight-Treiner und Wettkampfschuh liegt, hat kaum Pronationsstütze und ich bin da speziell im linken Fuß etwas empfindlich, was immer mal wieder zu mehrwöchigen Pausen wegen Überlastungserscheinungen führt.
Was liegt also näher, um für die höheren Umfänge einen Schuh mit mehr Stütze zu haben, der die Füße entlastet. Ob das gut oder schlecht ist und ob man als leicher Überpronierer gegen sowas eher mit Schuhen ohne Stütze antrainieren kann (Fußmuskulatur aufbauen), da gehen die Meinungen weit auseinander. Rein pragmatisch wollte ich mehr Kilometer zurücklegen mit weniger AUA.
Andere Mütter haben auch schöne Töchter
Also probierte ich mich durch das reichhaltige Angebot von Schuhen. Und oha. Ich hätte nicht gedacht, daß die Unterschiede doch so groß sind. Jeder Schuh war anders, und vor allem gefiel mir keiner so richtig. Nach einer Weile rumprobieren ist man sich auch nicht mehr so sicher, wie viel oder wenig Dämpfung ein einzelner Schuh hat, die Wahrnehmung trübt sich.
Auch Asics hatte ich an, und ja, sie haben viel Dämpfung, aber auch Asics hat nicht überhört, daß Extrem-Luftkissenboote nicht mehr so im Trend sind. Also mußte ich hier mein Vorurteil anpassen. Verschiedene Mizuno-Schuhe waren mir zu ähnlich zu denen, die ich schon hatte. Außerdem sollte es eher kein Lightweight-Schuh sein, sondern eher etwas Normales.
Brooks Defyance to the Rescue
Nun aber zu den Schuhen, die es am Ende wurden: die Brooks wurden mir vom Verkäufer angepriesen als Schuhe mit viel Stütze, die aber trotzdem ein recht direktes Laufgefühl bieten sollen. Übersetzt heißt das für mich: wenig Dämpfung. Ich kann dies nach einigen Monaten Gebrauch bestätigen. Man hat einen recht "festen Tritt", ohne daß die Schuhe schwer wären. Auch nach langen Läufen fühlen sich die Füße nicht stark beansprucht an. Ich würde die Schuhe als gut gestützte Schuhe für Sofa-Hasser beschreiben.
Das Innenmaterial und die ganze Verarbeitung wirkt hochwertig, sie sollen sehr haltbar sein. Zur Haltbarkeit kann ich in einem halben Jahr etwas sagen. Der Vorderfuß hat recht viel Platz und ist eher breit, was vor allem bei längeren Läufen wichtig wird, wenn die Füße doch anschwellen und plötzlich die Zehen anstoßen, obwohl sie das bei der Anprobe und kürzeren Strecken gar nicht getan haben.
Die Optik ist eher unspektakülär und zweckmäßig. Das dunkelgraue Mesh-Hauptmaterial ist jedoch willkommen, da man im Winter durch den Matsch laufen kann und nicht wie bei hellen Schuhen diese dann so oft waschen muß. (Jawoll, Laufschuhe sind meiner Erfahrung nach bei 30 Grad beliebig oft waschbar ohne Schaden.)
Die große Liebe?
Die wird es wohl nicht werden, die gehört leichteren und noch viel direkteren Schuhen wie dem Ronin. Zudem glaube ich auch eher an Natural Running. Jedoch sind die Defyance solide Arbeitspferde, die es leichtem Überpronierer wie mir aller Voraussicht nach erlauben, eine normale Marathon-Vorbereitung durchzuziehen. Als Ergänzung zu leichteren Schuhen optimal. In unserer Laufgruppe hat Erwin das exakt gleiche Modell, er kann vielleicht aus seiner Erfahung noch etwas ergänzen.
Mission gelungen, Fuß lebt noch!